Sonntag, 8. September 2013

Das Kaninchen vor der Schlange, Pest, Cholera und mündliche Verträge - geht wählen!

Oh Mann! Ist das echt schon wieder 4 Jahre her, daß die letzte Bundestagswahl stattgefunden hat?
Das kann ich echt kaum glauben. Zumindest kommt es mir nicht so vor. Hat uns die Politik-Kaste wirklich so voll eingelullt, daß man in einer zuckerwatteweichen Welt jetzt sagen muss: "Hupps... Wahlzeit!"

Seit ich denken kann, gehört es für mich zu den demokratischen Pflichten zur Wahl zu gehen. Die einzige Chance zu nutzen, die ich als Bürger in unserer Demokratie habe, meine Meinung kund zu tun. Wobei Meinung ist ja nicht wirklich richtig. Ich darf mich für die Partei des kleinsten Übels entscheiden.

In Deutschland und bei seinen Politikern ist das Volksbegehren nach Schweizer Vorbild genau so verhasst wie terroristische Organisation oder rechts- bzw. linksradikale Strömungen in der deutschen Republik. Das wäre aber leider nun mal die Wahre Demokratie - der Bürger sagt, wo es lang geht und die Politik bietet ihm die möglichen Optionen an.

Und so steht der Wähler wieder wie das Kaninchen vor Schlange, und überlegt, wo er denn für die nächsten 4 Jahre seine Zukunft in den am wenigsten ungeeigneten Händen sieht.

Sehr schön fand ich nämlich einen neulich erschienenen Satire-Artikel, in dem behauptet wurde, daß Unbekannte in ganz Deutschland Wahlplakate gegen Kopien mit nichtssagenden Texten ausgetauscht hätten. Gezeigt wurden dann auf Fotos die aktuellen korrekten Wahlplakate der Parteien.

Und ganz ehrlich? Bei den grossen Volksparteien steht echt nur belangloser, sinnentleerter, einzeiliger Kram drauf, der nicht im geringsten darüber etwas aussagt, was die Partei eigentlich will.
Oder kann hier einer mit "Herr XYZ für Sie im Bundestag" irgendetwas anfangen? Dazu grinst ein grenzdebiler Typ vom Plakat. Die gelben Kollegen haben sogar noch unterirdisch schlechte Bildbearbeiter an die Materie gelassen, so daß es aussieht, als wenn ein Media Design Praktikant das Plakat erstellen durfte. Jedenfalls war ich mir nicht mehr sicher, welche Hautfaarbe das Wesen auf dem menschenähnlichen Portrait wirklich hat.

Mutig waren zumindest die Grünen mit dem Ansatz, wir erhöhen Euch die Steuern als Programm zu starten. Wie weit man damit kommt; wir werden sehen. Aber das dürfte nicht der einzige Grund sein, wenn diese "Volkspartei" doch weiter Oppositionsarbeit leisten muss.

Das Credo "Wer viel verdient, soll auch mehr für die Allgemeinheit tun" ist sehr lobenswert und ich würde mich auch nicht dagegen sträuben. Unsere Gesellschaft auf "Geiz ist geil" und "Profitmaximierungstrategie" gebaut, kann durch aus einen gesellschaftlichen Wandel zu mehr miteinander und füreinander vertragen. Aber solange die Polit-Kasten in Deutschland grob fahrlässig mit dem über Steuern anvertrauten Geld umgeht, sträubt sich gegen diesen Ansatz jedes meiner Nackenhaare. Neee, ich will jetzt nicht behaupten, daß ich das besser kann. Trotzdem erinnert die Verantwortungslosigkeit mit der oftmals Steuergeld versenkt, verpulvert und verschleudert wird, immer ohne Konsequenzen für die verantwortlichen politischen Entscheider,  an Investmentbanker. Nach mir die Sintflut und wenn es schief geht, kann man mich ja eh' nicht belangen. Und so geriert sich die deutsche Polit-Elite! Klopft dabei aber wie ein wilder auf dem Bankenvolk herum. Es gibt da so ein Sprichwort von Glashäusern und Steinen, meine Damen und Herren Politiker! Gelle?

Die Entfernung zum Fussvolk der Wähler ist gigantisch - was den Bürger wirklich bewegt, erforscht die Partei erst dann wenn es eng wird. Heisst: kurz vor einer Wahl. Dann werden Versprechen und Thesen in den Äther geschleudert,  bei denen jeder normal denkende Mensch in weniger als 5 Sekunden weiss, daß die Nummer nie aufgehen kann. Nach der Wahl setzt dann vollkommene Amnesie ein und keiner weiss mehr, wie solche Zusagen denn auf das Wahlprogramm kamen. Das ist in einer Legislaturperiode doch nie umsetzbar. Und die böse Opposition wird das sowieso verhindern. Und dann ist übermorgen Landtagswahl, da kann man mit sowas eh' nicht punkten. Ball flach halten, bis das Thema auf die Schweigeliste setzen bis die breite Masse es vergessen hat.

Aber manchmal vergisst die Masse nicht. Besonders ich nicht die Wahlversprechen von Herrn Kuhn als OB in Stuttgart. Bisher besteht die einzige - für mich sichtbare und spürbare - Massnahme den ÖPNV zu verbessern darin, das Tempo auf der Weinsteige auf 40 km/h gedrosselt zu haben. Billiger ist er nicht geworden - immer noch einer der teuersten und grauenhaftesten Verkehrsverbünde in ganz Deutschland überhaupt, wie ich finde. Passt aber zur politischen Einstellung im Ländle. Oder wie es in der Stuttgarter Zeitung vor ein paar Jahren schon Stand: Die Preise für ÖPNV in Stuttgart steigen. (Was sie übrigens jedes Jahr mit Kontinuität tun, seid ich im Einzugsgebiet wohne - runde 15 Jahre!)
Und schon macht sich die Politik daran, die Attraktivität des ÖPNV zu erhöhen. Durch Erhöhung der Parkgebühren in der City! Also ein deutlicheres Armutszeugnis und Beweis für mangelnde Befähigung zur Politik kann man sich selber kaum ausstellen. Wenn das, das einzige Mittel ist um den ÖPNV attraktiv zu halten und es nicht zustande bringt, den ÖPNV selber günstiger und besser zu machen.
Mal schauen, was noch kommt. Auch zum Thema bezahlbarer Wohnraum und das es keine City-Maut in Stuttgart geben wird, hat der grüne OB seine "Versprechen" gegeben.

Jurist bin ich nicht, trotz allem geht in mir die Frage um: Ist ein Wahlversprechen nicht ein mündlich geschlossener Vertrag mit dem Bürger? Du wählst mich und ich tue dann dies und jenes. Deutsches Recht kennt doch immer noch mündlich geschlossene Verträge, oder irrt der juristische Laie hier? Warum also kann man nicht die Partei oder den Politiker als solches wegen Vertragsbruch verklagen, wenn er sein Wahlversprechen nicht hält? Oder ist ein Wahlversprechen kein mündlicher Vertrag? Wenn nein, warum eigentlich nicht? Und was soll dann ein Wahlversprechen wert sein?
Nix?

Na ja.... wenn man so an das Wort "Mietpreisbremse" denkt, vermutlich wirklich nichts. Wie das gehen soll, weiss keine Partei so richtig, aber mit dem taktischen Modewort inflationär um sich werfen, tun alle.

Nun steht man wieder da und fragt sich, was tue ich? Mich enthalten, um den Parteien zu zeigen, daß man nicht einverstanden ist? Merkt keine Partei, da man auch für Enthaltungen Geld in die Parteikasse bekommt. Für jede abgegebene Stimme - auch Enthaltungen fliesst Geld an die Parteien. Mein Wissenstand.

Nun - also entscheiden zwischen Pest und Cholera? Radikal wählen? Irgendwo muss jeder mit seinem Gewissen den Punkt treffen und sich für sein persönlich kleinstes Übel entscheiden. Alternativen sind es ja nicht - dafür sind sie alle zu ähnlich, stromlinienförmig und ohne wirkliche Bodennähe.

Man könnte doch mal darüber nachdenken, ob man den Wahlzyklus nicht verlängert und alle Wahlen in einziges Jahr legt? Spart Kosten! Spart Wahlkampf! Spart partei-taktische Überlegungen für die nächste Wahl, weil ja sowieso immer irgendwo in der Republik grade gewählt wird.

Man könnte doch mal darüber nachdenken, ob man Politiker nicht besser, öfter und deutlicher für ihr Tun persönlich haftbar machen kann? Steuerverschwendung und Unfähigkeit darf nicht nur zum Verlust des politischen Amtes, sondern auch zu persönlicher Haftung führen! Und zum Verlust aller damit verbundenen Ansprüche aus politischer Tätigkeit! Analog einer unehrenhaften Entlassung aus dem Beamtendienst.....

Man könnte doch mal darüber nachdenken, daß Politiker nach gleichen Regeln Altersbezüge bekommen wie normale Menschen auch. Mir ist es immer noch nicht einleuchtend, warum man nach 8 Jahren Bundestag eine lebenslange Rente bekommt, die man mit einem Durchschnittseinkommen nach 40 Jahren Beitragszahlung noch nicht erreicht hat. Vielleicht hat unser Staat an der einen oder anderen Stelle dann etwas mehr Geld zur Verfügung.

Nun, liebe Leser, macht Euch selber Eure Gedanken. Aber bitte tut eines: Geht wählen! Nutzt Eure Chance, Euch zwischen Pest und Cholera zu entscheiden! Denn nur wer aktiv an einer Demokratie teilnimmt, hat das Recht sich dazu zu äussern, was in ihr passiert!

In diesem Sinne... bleibt mir gewogen!