Samstag, 9. April 2016

Ein Plädoyer für autonom fahrende Automobile....

Oh wie schön waren die Zeiten, als man noch ausserhalb der Schulferien in Urlaub fahren konnte und durfte. Mit schulpflichtigen Kindern hat dieses Vergnügen ein schnelles und trauriges Ende gefunden.

Ostern... Osternferien... Da kann man ja nochmal in den Schnee fahren und der Familie ein paar lustige Stunden auf der Skipiste gönnen.

Schwuppdiwupp - am Ostersamstag morgens früh das Auto vollgeladen und ab Richtung Ischgl. Das Wetter gut, das Fahrzeug nicht überladen und alle in guter Stimmung. So die ersten Kilometer wars fröhlich und lief gut. Dann kam der Aichelberg. Und mit dem Berg der erste Stau. Den Aichelberg rauf. Und wieder runter. Im Stau. Stockender Verkehr. Da gibt es die Verjüngung der Autobahn von 3 auf 2 Spuren und das scheint den modernen deutschen, beneluxen oder sonstwoherstammigen Autofahrer (Homo autobahniensis) schon völlig zu überfordern.

Danach quält man sich den Drackensteiner Hang hinauf, durch den Lämmerbuckeltunnel und weiter bis Merklingen. So alles in allem 15km stockender Verkehr am Stück. Nein. Kein Unfall. Kein liegengebliebenes Fahrzeug am Strassenrand, dass den ordinären Glotzer zum vollkommenen Halt auf der rechten oder linken Fahrspur bewegen würde.

Und so rödelt man im Stop and go immer weiter bis nach Füssen. Vollkommen ohne Grund immer wieder mit Vollstillstand auf den deutschen, ach so tempolimitlosen, unbegrenzt schnell befahrbaren deutschen Autobahnen. Und warum? Nun, weil der gemeine Fahrzeuglenker mittlerweile scheinbar nicht mehr in der Lage ist, einfach geradeaus zu fahren. Unterstützt wird er dabei tatkräftig von Fahrzeuglenkern aus dem Benelux Umfeld und anderer europäischer Strassenritter, die ob der geringen Bussgelder und mangelnden Polizeipräsenz auf deutschen Strassen (ganz besonders an "Grosskampftagen" wie Ferienbeginn oder Feiertagen) sich sicher sein können nie und nimmer erwischt zu werden, wenn sie alles das an Fahrkapriolen auf deutsche Autobahnen zaubern, was man sich im eigenen Heimatland ob saftiger Strafen und Verboten nicht traut. In Kombination mit eigener Selbstüberschätzung, denn wo ausserhalb deutscher Autobahnen, hat der europäische Durchschnittsfahrer schonmal Gelegenheit schneller als 120 Km/h fahren zu können, ist das eine grausam staufördernde Mischung. Nur weil man schneller als 120 fahren darf, bedeutet das nicht, dass man das Schnellfahren auch beherrscht. Besonders wenn man an 363 Tagen im Jahr nicht schneller fahren darf, ausser an den 2 Tagen, wo man in den Urlaub "brettert" und sich auf deutschem Asphalt befindet.... nun ja.

Irgendwann vor der Grenze zu Österreich landet man dann in einer - wie man später erkennen wird - vollkommen sinnlosen Blockabwertung vor dem Tunnel bei Füssen. Erst steht man sich in dem Gefühl einer Vollsperrung die Füsse auf der, zum Fahren gedachten, Bahn platt. Dann geht es durch den Tunnel. Um dahinter den kompletten Fernpass im Stop and Go durchzustehen. Yep. Mehr Stehen als Fahren.

Viel Zeit für ausgiebige Vorfreude! Man kann die Berge sehen...
... und lange und ausführlich. Man steht schön lang auf der Autobahn.
Das nennt sich Blockabfertigung. Gott sei Dank ohne Grenzkontrollen.
Sonst wären wir heute noch nicht am Urlaubsziel....


Auch hier kein Unfall. Aber dafür eine Heerschar durchgeknallter Fahrakrobaten. Sobald sich was bewegt: mit Vollgas in 50cm Abstand zur Heckstossstange des Vorfahrerenden los, um 5 sec später wieder mit einer Vollbremsung einen Crash zu vermeiden. Stau Aufbau leicht gemacht. Für Anfänger und Fortgeschrittene. Anscheinend ist es bei Tageslicht nicht möglich mehr als die Stosstange des Vorfahrers im Blick zu haben. Ich hatte mir unter vorausschauenden Fahren immer etwas anderes vorgestellt.

Die Krönung dieses Prozederes sind die vollkommen Gehirnverblendeten, die der Überzeugung sind, in diesem Stop and Go in selbstmordverdächtigen Harakiri-Aktionen einzelne Autos überholen zu müssen und den Gegenverkehr massiv in Gefahr zu bringen. Der Fahrzeug-Voll-Legastheniker im Audi A7 aus Esslingen hat es damit auf gut 200m Vorsprung zu uns gebracht; bis zum Ende des Fernpasses. Bei einer gefahren/gestandenen Strecke von fast 18km. Das hat sich wirklich gelohnt.

Hier ist Überholen der echte Bringer! Die Schlange reicht bis zum Horizont!


Unterstützt wurde er dabei von einem Flachland-Möchtegern-Asphalt-Cowboy aus Vechta, der zwar genügend Geld für einen mächtigen Volvo SUV hat und dabei gleichzeitig über nicht genug Gehirnzellen zum Begreifen des Reissverschluss-Verfahrens verfügt, wenn eine Strasse sich von zwei auf eine Fahrspur verengt. Er hat lieber das Risiko eines Auffahrunfalls in Kauf genommen (auf unsere Heckstossstange), bevor er sich dem allgemeinen Prozedere (einer links, einer rechts -> halt reissverschlussmässig) unterwirft. Was neutral betrachtet zu deutlich zügigerem Fortkommen führt sowie in keinem Verhältnis zum Nutzen steht, den der Vechta-Kollege mit seinem Manöver erreicht hat.

Wenn man jetzt eine ausreichend grosse Menge solcher Asphalt-Rambos gleichzeitig auf eine Strecke wie den Fernpass packt, dann bricht ein Stop-and-Go aus, den keine noch so gutgemeinte Blockabfertigung mehr in den Griff kriegt.

Das sind die Momente, in denen ich mir autonom fahrende Autos wünsche. Ab auf Autopilot und der Verkehr würde rollen. Da wird das Auto nicht mehr zur Waffe mit eingebauter Vorfahrt. Eine gut ausgeklügelte Schwarmintelligenz vieler Fahrzeuge wickelt sowas locker staufrei ab.
Da wird nicht gedrängelt oder suizidal getrieben überholt. Nüchterne, emotionslose Fahrweise von Abfahrt bis Ankunft.

Vermutlich wird autonomes Fahren nicht allen Lebenslagen der Renner sein. In Innenstädten und deren doch sehr komplexen Verkehrssituationen sind Dinge geboten und Umfelder zu erfassen, die die Rechner und Ki von heute wahrscheinlich noch nicht so umfassend und fehlerfrei beherrschen, dass es wirklich vollautonom geht.  Aber Autobahnen und Landstrassen? Automatische Geschwindigkeitsanpassungen, Spurwechsel, Einfädeln und was weiss ich in einem Verbund untereinander vernetzter Fahrzeuge - das geht heute mit Sicherheit ohne Probleme.
Auch mit ausreichendem Datenschutz. Man muss das nur wollen.

Und brauchbarem Kartenmaterial für die Navigation. Das mit der Navigation und ihren Tücken, stellten wir auf der Heimfahrt fest. Unser Navi schickte uns auf eine 6km lange Schleife, um dann wieder zurück an der Ausgangskreuzung zum Abbiegen nach Links aufzufordern, wo es uns 6km vorher noch nach rechts geschickt hat. Das weckt nicht wirklich Vertrauen in die Technik....

In meinem aktuellen Auto darf ich schon eine Vorzüge von "Autopiloten" genießen. Auch deren Nachteile. Ebenso in einigen anderen Fabrikaten. Jeder hat da seine guten Seiten und auch ein paar nicht so gute Features. Da ist noch was zu tun, viel Raum für Verbesserung. Aber je schneller wir das angehen, umso eher fahren wir entspannter und schneller in den Urlaub. Oder sonst wohin....

PS: Mir brennt es in der Seele, die Nummernschilder der oben genannten Fahrer zu veröffentlichen. Aber da ich mich nicht von geistigen Einzellern verklagen lassen möchte, lass ich es lieber sein.