Freitag, 5. Oktober 2018

Stirb nie ohne Urkunde....und fettes Bankkonto.

Es ist ein trauriger Anlass, immer, wenn ein geliebtes Familienmitglied stirbt. Nach dem ersten Schock beginnt die Trauerarbeit. Und Trauerarbeit ist ganz anders als man sich das vorstellt. Ich will nicht von der emotionalen Trauerarbeit reden. Es kommt zur Trauer eine Unmenge echter, realer Arbeit, mengenweise Aufwand und Irrsinn auf die Hinterbliebenen zu. Alles das zusätzlich zur Trauer.

Wenn man Zeit hat und der sich ankündigende Tod ein schleichender Prozess ist, kann man viele Dinge schon vorbereiten oder abarbeiten, während man die sterbende Person begleitet.

Man löst eine Wohnung auf. Man stellt fest, wieviel Zeug sich ansammelt, an wie vielen Dingen Erinnerungen hängen. Der ganze Umfang ist viel zu viel als das man alles aufheben kann. Irgendwie gehört zu jedem Gegenstand, mag er noch so banal sein, eine Geschichte, ein Ereignis, eine liebe oder böse Erinnerung. Oft genug glaubt man an einen Wert der Gegenstände, auch wegen des eigenen emotionalen Wertes des Stücks, und wird bitter enttäuscht. Seltsamerweise vermögen Dritte diese Werte nicht zu sehen, zu verstehen oder anerkennen zu wollen. Der Vorgang wird einfacher, wenn man einen professionellen Entrümpler beauftragt. Die Belastung sich mit allen Gegenständen intensiv zu befassen entfällt oft. Ein voller Keller ist schneller leer. Man sichert sich nur eine Hand voll wirklich, wirklich, wirklich wichtiger Sachen als Andenken, als Erinnerung, als Gedenken.

Kleidung geht zur Altkleidersammlung mit der Hoffnung, dass brauchbares Kleidungsgut irgendwem helfen wird.

Diverse Verträge sind zu kündigen. Mietvertrag. Telefon & Internet. Versicherung aller Art in allen Umfängen und vielen Fristen. GEZ. Strom. Zeitungen. Werbungsabos.
Dutzende Ordner mit Unterlagen - je nach Gewissenhaftigkeit des Verstorbenen, sind zu sichten und zu sortieren. Was wird gebraucht, was kann weg. Was geht in den Müll. Was muss geschreddert werden.

Das Fahrzeug, sofern vorhanden, wird verkauft. Mit mehr oder weniger Aufwand, abhängig von der Variante, wie man es "los wird". Oder gewillt ist, den Aufwand zu betreiben, für ein paar eventuelle Euros mehr.

Dann irgendwann passiert es wirklich. Ein Mensch stirbt. Ein Mitglied der Familie. Jemand, der dich dein ganzes Leben lang begleitet hat.



Stille. Leere. Trauer. Tränen.



Bestatter.

In der Werbung und im Fernsehen sind sie alle einfühlsam. Empathisch. Ein Stütze für die Hinterbliebenen. Warme Worte. Heimelige Atmosphäre im Institut.

In der Realität einfach ein knallhartes und emotionsfreies Geschäft. Nichts weiter. Kalt, sachlich, nüchtern. Marmor oder Granitböden. Spartanische Büroeinrichtung. Eine Unzahl von Dokumenten, die zu befüllen und zu unterschreiben sind.

Auftragsformular. Formulare für die Stadt: Krematorium, Friedhof, Standesamt, Datenschutz, Vollmacht des Bestatters, die Liste ist ewiglich. Trauerkarten? Ja, nein? Welches Motiv? Welcher Spruch? Personalausweis der verstorbenen Person. Familienstand? Geschieden. Ok, Scheidungsurkunde bitte!

Hoppla!

Wirklich? Echt jetzt? Eine steinalte Scheidungsurkunde?

Man fasst es nicht. Dein Leben lang kannst du rumlaufen und bei jeder Gelegenheit, wo man gefragt wird einen Familienstand behaupten, den keiner nachprüft. Nicht auf dem Einwohnermeldeamt. Nicht beim Anfordern eines neuen Personalausweises. Nicht bei einem neuen Reisepass. Und auch sonst nie.

Aber wehe, wenn du stirbst und beerdigt werden sollst, dann geht es nicht ohne. An der einen Stelle deines Lebens, wo dein Familienstand sowas von Scheissegal ist wie niemals sonst in deinem Leben, braucht es eine Urkunde. Deutscher Bürokraten Unsinn höchster Stufe.

Der Stress beginnt.... wo findet man die Scheidungsurkunde einer Scheidung von vor über 40 Jahren?
In den Ordnern ist nix. Und nun? Ehemaliger Ehepartner? Auch schon verstorben vor Jahren. Standesamt des damaligen Wohnortes? Nein. Amtsgericht? Nicht zuständig. Landgericht? Heute Betriebsausflug, nur Notfälle bitte! Übermorgen wieder anrufen. Nein, per Email geht das nicht. Schriftlich auf Papier bitte. Mal schauen, wie lange das dauern wird. Auf geht's durch die Archive.

Und was noch?

Es kostet Unmengen Geld, wenn man stirbt. Die Liste der Kosten, Auslagen und Beträge schwillt an, wie ein Insektenstich auf den man allergisch reagiert. Sarg und Auskleidung. Um eingeäschert zu werden braucht es das. Man kauft für ein Mördergeld das Zeug, um das Geld stante pede, im wahrsten Sinne des Wortes, zu verbrennen.

Die Versuchung ein Business mit "Do-it-yourself-Särgen" aufzuziehen und zu entwickeln ist echt gross. Das Business ist gross. Der Bedarf ist da. Bei dem Preisniveau ohne Probleme rentabel. Aber vermutlich gibt es auch dafür in Deutschland ein Gesetz, dass man das nur darf, wenn man IHK akkreditierter Sargtischlermeister ist.

Nach Auslagen blubb und Bla des Bestatters und der Stadt und Ping-Ping-Ping stehen ein mittlerer, vierstelliger Eurobetrag auf deiner Rechnung. Ohne Trauerfeier, Aufbahren und was weiss ich nicht alles.

Je nach Verbreitung der Verwandschaft und der Bekannten über Deutschland kann, darf, muss, soll man einen weiteren nicht unerklecklichen Geldteil für Todesanzeigen ausgeben. Für den Preis von 2 Jahresabos der Tageszeitung, in der man inseriert, darf man dann unter vielen anderen Todesanzeigen in einer 50x70mm grossen Anzeige den Tod verkünden. Muss man das in mehreren Zeitungen in mehreren deutschen Gebieten tun, verschwindet ein weiterer vierstelliger Eurobetrag in Druckerschwärze und kleinen, schwarz umrandeten Kästchen. Selbst bei einem Preis von über 500€ für die Anzeige ist sich der Verlag nicht zu schade für eine Rechnung in Papierform (Email ist nicht) nochmal 1,79€ zu verlangen. An dieser Stelle ein kleiner Gruss an die Funke Medien Gruppe - diese Geschäftspraktik sollten Sie mal überdenken.

Dann kommt noch das Nachlassgericht. Mir graut es schon jetzt davor. Welche Urkunden will man dort wohl sehen?



Mein Fazit: 

Stirb niemals ohne eine Urkunde, die deinen Familienstand nachweist, wenn du deinen Angehörigen das Leben leicht machen möchtest.

Fang in jungen Jahren schon an Geld beiseite zu legen. Ja, für deine Altersvorsorge (das ist ein anderes Thema) und für dein Ableben. Der Tod ist nicht umsonst, er kostet das Leben. Und deine Ersparnisse.


#tod #sterben #urne #funkemediengruppe #trauer #urkunde