Sonntag, 27. April 2014

Der greise Hai im Hallenbad....

Seit geraumer Zeit schlage ich mich ein paar sehr unangenehmen Rückenproblemchen rum und es scheint ausser Training der unteren Rückenmuskulatur keine wirklich brauchbare Abhilfe zu geben.

Geschichte von vorn:
November 2013 - Es zwickt im unteren Rückenbereich - nix Neues. Kommt immer wieder mal in verschiedenen "Härtegraden" vor. Bisserl Wärme hilft und wirds schon richten. Nix da. Diesmal bleibt es hartnäckig.

Dezember 2013 - Einen vorweihnachtlichen Termin beim Orthopäden erwischt.

Januar 2014 - Erst MRT - Befund: Alles prima. Nichts kaputt, keine Nerven gequetscht, keine Bandscheiben beschädigt. Die Behandlung mit Elektro-Bearbeitung meiner Schultern (waren die Probleme nicht woanders?) und Wasserstrahlmassage beginnt. Nebenher noch etwas Physiotherapie.
Tip vom Doc: Laufen ist nicht so Bringer. Radfahren auch nicht. Schwimmen wäre gut. Kraulschwimmwen oder Rückenschwimmen. Nö, Brustschwimmen dann doch nicht.

Und dann waren Sie da - die 3 Probleme meiner sportlichen Apokalypse:
1.) Mein Lieblingssport ist Laufen! Kein Wandern oder nordisches Stockstelzen. Joggen. Laufen. Bis Halbmarathon Entfernung.
2.) Alternativ bzw. zusätzlich bin ich Radfahren gegangen. Hatte mir erst ein nettes Bike zugelegt.
3.) Wenn schon Schwimmen, dann Brustschwimmen. Lang und ausdauernd.

Prima - alles 3 vom Doc als untauglich abgelehnt. Was also tun?

Trenne ich mich wohl oder übel vom Radfahren und baue eine Schwimmeinheit pro Woche zusätzlich zu Rücken-Gymnastik (daheim vorm Fernseher) und Lauftraining ein. Das mit Laufen weglassen ist nicht, kann sich der Doc abschminken. Ohne Laufen geht nichts.

Nun erstmal nach ordentlicher Betriebsanleitung für ordnungsgemässes Kraulschwimmen im Internet gesucht, gefunden und studiert. Danach ab ins Hallenbad. Im Januar sind Freibäder eher nicht so mein Favorit.

Im Hallenbad lernt man dann die Grausamkeit der modernen, öffentlichen Schwimmstätten und den Verlust der Höflichkeit kennen.

Die erste Herausforderung besteht darin, dass man eine Zeit findet, die es einem ermöglicht Bahnen im Schwimmbad halbwegs ungestört ziehen zu können. Also faktisch nie. Besonders wenn man beginnt und sich nicht auf die Sportschwimmer-Bahnen traut, weil man die dortigen Olympia-Anwärter nicht stören möchte.

Man erlernt fürderhin den Schwimmslalom:
- herum um Gruppen von rüstigen Frauen im gehobenen Alter, die sich im Tratsch-Synchron-Schwimmen üben. Synchron heisst in diesem Fall möglichst gleich langsam mit mindestens 3 Personen nebeneinander auf 2 Bahnen (oder auch mehr Bahnen bei mehr Personen) gleichmässig synchron verteilt. Während man synchron/asynchron ununterbrochen über die Probleme der Welt plaudert.
Wenn insgesamt nur 6 Bahnen zur Verfügung stehen, führt das zu permanenten Tauchübungen, die einen aus dem Rhythmus bringen.
- herum um sonstige Schwimmer, die nicht gradeaus bzw. quer im Becken schwimmen
- herum um die Möchtegern-Nato-Kampfschwimmer, die sich ebenfalls nicht in die Sportschwimmerbahnen begeben. Aber mit einem ramboesken "Diese Bahn gehört mir!"durchs Wasser pflügen und keine Rücksicht auf niemanden nehmen. Warum sollten Sie als verkannter Navy-Seal der Provinz auch für irgendwen Platz machen? Das führt schonmal zu blauen Flecken, wenn beim Kraulen ordentlich ausgeteilt wird.

 Nach einigen Wochen des Trainings und dem Austesten diverser Wochentage und Uhrzeiten traut man sich dann irgendwann in die Sportschwimmerbahnen. Man hat sich mal genau umgesehen und festgestellt, dass dort eher selten die genetischen Erben von Mark Spitz oder Michel Phelps tummeln.
Aber immerhin gewinnt man das Gefühl, dass man dort mehr Interesse am tatsächlichen Schwimmen hat und daher doch etwas mehr Rücksicht aufeinander nimmt.

Leider begreifen noch nicht alle, das der käufliche Erwerb von Badekappe und Schwimmbrille NICHT automatisch Menschen zu Sportschwimmern macht. Da kommt es schon auch mal vor, dass ich fast ertrunken wäre, weil ich nicht soooooooo langsam schwimmen konnte wie der Mensch vor mir seine Brustbahnen zog. Ich bin dabei regelmässig untergegangen,  da man aufgrund der entgegenkommenden Schwimmer in der selben Bahn nicht überholen konnte.

Es spielt dabei auch keine Rolle, ob man morgens um 07:00 Uhr geht oder Abends um 20:30 Uhr. Man trifft zu allen Uhrzeiten alle diese Menschen. Es geht kein Weg dran vorbei. Auch nicht am Eindruck, das die Höflichkeit bei Hobby-Sportlern oftmals wohl vollkommen abhanden gekommen ist und jeder sein Schwimmtraining als Profi-Einheit ansieht, auf die jeder andere Rücksicht zu nehmen hat. Nur man selber nicht auf andere Mitsportler. Das ist nicht nur beim Schwimmen so - kann man auch gerne und oft bei Lauf-Events beobachten. Mag sein, dass es sich auch nur um deutsches Phänomen handelt. Ich weiss es nicht.

Trotzt man allen diesen Mitschwimmern noch mit buddhistischer Gelassenheit, dann fühlt sich die öffentliche Schwimmanstalt berufen: Mal schauen, wen wir alles aus der Ruhe bringen können.

Während der öffentlichen Öffnungszeiten mache ich los ins Hallenbad. Es gibt 6 Bahnen. Aus dem Nichts heraus tauchen plötzlich Kinder und Jugendliche in Massen auf. Das Bademeister-Personal sperrt 3 von 6 Bahnen ab und fordert alle Schwimmer auf sich gefälligst auf nur 3 Bahnen - also auch für Nichtrechenkünstler erkennbare 50%; auch "Die Hälfte" genannt - zusammenzupferchen.

Kurze Frage meinerseits an das Aufsichtspersonal: Warum sperren Sie bitte 3 Bahnen ab?
Antwort: Das Bad ist zur Hälfte an den örtlichen Schwimmverein vermietet.

Hallo? Jemand zu Hause? Geht es noch? Während der öffentlichen Schwimmzeiten? Bei vollem Eintrittsgeld? Ohne Vorwarnung oder Aushang oder was auch immer?
Ich habe ja nichts dagegen, wenn man das tut. Aber dann möchte ich das vorher wissen. Dann gehe ich nämlich gar nicht erst schwimmen. Den Auftrieb im restlich, verbliebenen Schwimmbereich kann ich mir allein vorstellen. Das will ich nicht ausprobieren oder live erleben.

Ein kurze Nachfrage beim Betreiber der Bäder brachte folgende Antwort - im groben Wortlaut:
Wir wissen gar nicht, was sie wollen. Das das Bad nicht vollständig während der Öffnungszeiten zur freien Verfügung aller zahlenden Besucher steht ist die Regel - nicht die Ausnahme. Daher kann man auch nicht vorwarnen.

Tja, was soll man davon halten? Ich meine nichts. Das ist für mich eher Unverschämtheit. Nicht so die reine Tatsache der Doppelbelegung, sondern die Antwort und die Kaltschnäuzigkeit mit der seitens des Betreibers agiert wird.

Irgendwie will man mir wohl den "Spass" am Schwimmen nehmen. Aber noch funktioniert es nicht.... ich schwimme weiter.

Also liebe Leser bleibt mir gewogen und lernt fleissig Slalomschwimmen!

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