Freitag, 5. Juli 2013

Sightseeing am Sonntag in Tokio

Irgendwie rutsche ich mit meinen Blogposts immer ins Hintertreffen, wenn ich dann eine Weile in Tokio bin. Der Tagesrhythmus verschiebt sich, man geht abends nach dem Büro immer später essen und dann mag man nicht immer noch was schreiben. Die Menge an Erlebnissen und Eindrücken, die man mitteilen möchte, häuft sich zu einem grossen Berg auf...

Oder ich bin einfach zu schreibfaul? Keine Ahnung.

Jetzt ist es Samstag morgen - und ich habe beschlossen heute mal etwas zu entschleunigen und am Vormittag nichts zu tun. Die Zeit nutze ich dazu, um bei einem grossen Caffe Latte über die Dinge zu berichten, die bisher den Weg nicht in das Blog gefunden haben.

Den letzten Sonntag habe ich im Alleingang mit der weiteren Erkundung Tokios verbracht. Mein Mitstreiter fühlte sich nach den am Samstag zurück gelegten Kilometern nicht mehr so wohl und wählte eine ganztägige Auszeit.

Auf meinem Programm stand dafür ein Besuch im Shinjuku Gyoen - einem botanischen Garten inmitten der City - und eine der berühmtesten Kreuzungen überhaupt: die Shibuya Crossing.

Morgens gegen 10 Uhr früh machte ich mich also auf in Richtung Stadtviertel Shinjuku. Ganz in der Nähe der Metro Station war der Eingang in den Park. Das ganze erinnert ein wenig an den Central Park in New York, nur halt auf japanische Art.

Auch Japaner haben Sonntags mal einen "Bad hair day"

Dieses Gebäude bestimmt die Skyline.

Der Eingang in den Park. Mit 200Yen Eintritt ist man dabei.
Sonntags vormittags ist noch nicht viel los, wenn man das in Tokio
überhaupt irgendwo sagen kann. Also das "wenig los ist".

Wie überall in Japan werden die Regeln eindeutig vorab geklärt.
Ob das Verbot von Alkoholika in manchen deutschen Parks nicht auch von
Vorteil wäre mag, sich jeder selber überlegen.

Hier die ausführliche Regelvariante. Die Kombination
aus "Fütter keine Tiere" & "Keine Drachen im Park
fliegen lassen" ist seltsam.
Der Park ist ca. 60 Hektar gross und eine grüne Oase in der Stadt. Weitere Details zum Park und seiner Geschichte kann man auf Wikipedia finden, daß mag ich nicht noch kopieren. Was man aber bei einem Besuch feststellt ist, daß es dort 2 sehr kostbare Dinge gibt, die ich in Tokio sehr vermisst habe.
Ruhe und, wenn man zu einer non-rush-hour im Park ist, Einsamkeit ausserhalb der eigenen 4 Wände.

Tokio ist, wie alle grossen Städte der Welt, ein lärmender Moloch. Das asiatische Faible für massive Lautstärke und grelle Farben verstärkt dieses Erlebnis ungemein. Es fällt irgendwie gar nicht auf, weil permanent immer und überall davon umgeben ist. Genauso wie von Menschen. Man ist praktisch nie physikalisch allein in Tokio. Seelisch kann man als Gaijin in Japan, speziell in Tokio, sehr, sehr einsam sein.

Sehr passend dazu ist ein Stück Text aus dem Song "Insel" von Farin Urlaub Racing Team:

"...
Ich bewundere alle Menschen, die in großen Städten wohnenwo man niemals ganz allein ist, immer einer von MillionenUnd man stürzt sich ins Getümmel und der Strom reißt einen mitund man hat ein bisschen Mühe, doch man hält irgendwie SchrittUnd man sieht Werbung, wohin man auch schaut,denn auf Werbung ist unsere Wirtschaft aufgebautUnd es gibt Werbung für alles, was man nicht brauchtdamit man Auto fährt, anders riecht und dabei raucht..."

Dieses Stück Lied kommt immer öfter in meine Gedankenwelt, je länger ich in Tokio bin. Man ist 24 Stunden am umringt von Werbung, Lärm und Menschen. Zu Menschenmassen später nochmal mehr, wenn ich zur Shibyua Crossing komme. Ja, und dann landet man in diesem Park. Und irgendwann etwas abseits an den Wegen ist tatsächlich eine stille Stelle. Und Einsamkeit - allein sein. Mit sich selber. Das war unglaublich schön und befriedigend, diese wenigen Minuten für sich zu haben. Bis der nächste Spaziergänger oder Jogger vorbeigekommen ist.

Allein. Ruhe.

Diese wenigen ruhigen, stillen Momente wissen auch die Tokioter in diesem Park für sich zu nutzen. Für ungestörte, traute Zweisamkeit und Austausch von Zärtlichkeiten, die man sonst nirgends auf den Strassen und in der Stadt sieht. In einer Stadt, in der schon Händchenhalten in der Öffentlichkeit zuviel Gefühlsausbruch darstellt. Wenn man sowas sieht, dann greift die Dame immer den Unterarm des Partners und "führt" in durch die Menschenmassen. Das hat was von "Altenpflege"; Pfleger führen alte Menschen oft so beim Laufen. Von Küssen auf öffentlicher Strasse reden wir mal lieber gar nicht erst - wobei ich das sinnigerweise genau an diesem einen Tag einmal an einer Strassenkreuzung gesehen habe.

Ungestört im Park

Picknick unter Bäumen
Neben diesen schönen stillen Momenten bietet der Park alles, was ein Park und eine Art botanischer Garten inmitten der Grosstadt bieten kann. Viel Grün, viele Pflanzen und Tiere. Um Euch einen "Kurzüberblick" zu geben, habe ich hier eine kleine Auswahl an Impressionen eingestellt.


Der englische Teil des Parks - grosse Wiesen mit Bäumen umrandet.
Dort trifft man sich mit grösseren Gruppen zum Spielen und Picknicken.

Kleine Gruppen und Paare verteilten sich auf den Wiesen im gesamten Park

Exotische Blumen

Tokio Skyline - Park - extreme Kontraste

Überall findet man den japanischen Stil in diesem Park wieder.
An dem kleinen See waren kleine Kinder auf Krebsfang. Mit einem
Stock, an dem ein Bindfaden befestigt war und mit einem Stückchen
Tintenfisch als Köder. Die Krebse greifen nach dem Tintenfisch und mit
einem Ruck ziehen die Kids die Krabbler hoch und an Land.

Dabei werden Flusskrebse in beachtlicher Grösse "erlegt"
Was die Kinder anschliessend damit machen, konnte ich nicht mehr erfahren.
Aber es gibt die Wahrscheinlichkeit, daß die Krebse einen japanischen Kochtopf
von innen gesehen haben werden.

Eine lange Allee im französischen Teil des Gartens.
Man sollte "französisch" nicht überbewerten. 

Hibiscus Blüte




Ein altes japanisches Teehaus, daß man auch von innen begehen kann


Ein besonders bemerkenswertes Highlight war das tropische Gewächshaus in Park. Nicht weil es tropisch war, einen Klimaunterschied zwischen drinnen und draussen konnte ich kaum feststellen (mag im Winter wohl anders sein ;-)) Sonder weil auch dieses mit sehr viel Liebe und Ästehtik angelegt war. Man hatte nicht versucht es mit allem vollzustopfen was die Fauna und Flora hergibt, sondern asiatisch stilvoll, minimalistisch und trotzdem beeindruckend zu präsentieren.

Das Gewächshaus von aussen - schon hier ein Highlight für mich








Nach fast 3 Stunden habe ich den Park verlassen, ging zum zwei Ecken rum und landete in Shinjuku selber.
Das totale Kontrastprogramm. Shinjuku ist ein Einkaufsviertel, an dem am Sonntag die Hauptstrassen mal eben für den Autoverkehr gesperrt werden und alles zur grossen Fussgängerzone umfunktioniert wird.
Shop til' you drop in Shinjuku! Und ebenfalls in Shinjuku: der wohl grösste aller Hello Kitty Stores in Tokio!



Die vermutlich grösste "Hello Kitty" der Welt!
Runde 2,50 Meter gross. Sie steht vor - oder besser
bewacht - einen der vielen "Hello Kitty" Flagshipstores in Tokio.

Kitty Herz, was willst du mehr?
Schwelgen in Rosa!
Nach dieser Überdosierung von Niedlichkeit und rosa machte ich mich auf den Weg zur Shibuya Crossing. Es ist vermutlich wirklich eine der berühmtesten Kreuzungen der Welt. Keine Reportage über Tokio ohne. Kein Buch über Tokio ohne. Vermutlich kein Touri in Tokio, der  nicht dort war.

Shibuya dürfte auch einer der größeren Bahnhöfe sein, dort ist ein relativ grosser Busbahnhof ebenfalls angegliedert und man hat direkt Zugang zu Shibuya, neben Roppongi, das grosse Einkaufs- und Vergnügungsviertel in Tokio.

Shibuya Busbahnhof



Das witzige an DER Shibuya Kreuzung ist, daß die Fussgängerampeln immer ALLE gleichzeitig grün zeigen. Bei Autospuren nicht, Logisch. Aber wenn die Fussgänger grün haben, dann gleichzeitig in alle Richtung und das ameisenhafte Gewusel geht los.

Und das ist sie: Shibuya Crossing
Bei Rotphase für Fussgänger

Und bei Grünphase für Fussgänger!

Die Locals lässt das Gewusel eher kalt und unbeeindruckt.

Heute ist nicht viel los!
Wer das ganze in bewegten Bildern sehen möchte: Bitte sehr!

Und mit einem "Dark Chocolate Chip Frappucino Coffee Blend" im Starbucks über der Kreuzung sowie eine Chicken Teriyaki Burger im T.G.I. Fridays endete ein ereignisreicher und sehr interessanter Sightseeing Tag für mich.



Doch bevor ich mein Blog ganz schliesse, noch das Fundstück des Sightseeing Tages: Kapselautomaten!
Na ja.... Kapselautomaten? Das ist ja nichts besonderes mehr. Die stehen in jedem deutschen Supermarkt hinter der Kasse oder im Kaufhaus oder sonstwo und Kinder nölen Ihren Eltern ein oder zwei Euro aus der Tasche, um an einen Schlüsselanhänger mit Comic-Figuren oder andere Kleinkinderbegehrlichkeiten zu kommen, die dort in kleinen Plastikkapseln auf Ihre Enthüllung lauern. Soweit so gut. Aber in Japan gibt es diese Kapseln mit Tintenfischen und Seeschnecken (ihgitt!), allen Sorten von seltsamen und farbigen Pilzen (äh ja) und filetierten Fischen (nochmal ihgitt!). Manchmal ist der Japaner an sich mir doch unheimlich....

In diesem Sinne, bleibt mir gewogen liebe Leser! Und bis bald aus Nippon....

 

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